So fördert Stretching deine aktive Regeneration

Das Wichtigste in Kürze

  • Stretching kann die Durchblutung verbessern – Studien zeigen nach dem Dehnen einen verstärkten Blutfluss durch reaktive Hyperämie (Science for Sport, 2025)
  • Statisches Dehnen (15-30 Sekunden pro Dehnung) ist für die Flexibilitätsverbesserung optimal (Page, 2012)
  • Die aktuelle Evidenz zeigt nur geringe Effekte von Stretching auf Muskelkater – etwa 1-4 Punkte auf einer 100-Punkte-Skala (Herbert et al., 2011)
  • Regelmäßiges Stretching kann die parasympathische Aktivität fördern und zur Entspannung beitragen (Eda et al., 2020)
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Einleitung

Viele Sportler konzentrieren sich intensiv auf ihr Training, vernachlässigen aber oft einen entscheidenden Faktor für langfristigen Erfolg: die Regeneration. Dabei ist die gezielte Erholung mindestens genauso wichtig wie das Training selbst. Stretching für Regeneration stellt eine weit verbreitete Methode dar, um die Erholungsphase zu unterstützen und die Flexibilität zu verbessern. Wissenschaftliche Erkenntnisse zu den Effekten von Stretching auf die Regeneration sind jedoch differenzierter als oft angenommen. Während Dehnübungen nachweislich die Beweglichkeit verbessern können (Page, 2012), zeigen aktuelle systematische Reviews, dass die Effekte auf Muskelkater und Kraftwiederherstellung begrenzt sind (Afonso et al., 2021). In diesem Artikel erfahren Sie, was die Wissenschaft über Stretching zur Regeneration sagt und wie Sie Dehnübungen sinnvoll in Ihren Trainingsplan integrieren können.

Die Wissenschaft hinter Stretching für Regeneration

Die physiologischen Mechanismen des Stretchings sind komplex und Gegenstand aktiver Forschung. Während körperlicher Belastung kommt es zu mikroskopisch kleinen Rissen in den Muskelfasern und zur Ansammlung von Stoffwechselprodukten. Die Frage, inwieweit Stretching diese Prozesse beeinflusst, wird wissenschaftlich differenziert betrachtet.

Bezüglich der Durchblutung zeigt die Forschung interessante Effekte: Während des statischen Stretchings sinkt der Blutfluss zunächst ab, da die mechanische Spannung auf den Muskel die Gefäße komprimiert. Unmittelbar nach dem Lösen der Dehnung steigt der Blutfluss jedoch signifikant über das vorherige Niveau an – ein Phänomen, das als reaktive Hyperämie bezeichnet wird (Science for Sport, 2025). Tierstudien haben gezeigt, dass tägliches passives Muskeldehnen die endothelabhängige Vasodilatation verbessern und die Angiogenese fördern kann (Hotta et al., 2018).

Hinsichtlich des Muskelkaters (DOMS – Delayed Onset Muscle Soreness) sind die Ergebnisse jedoch ernüchternder. Eine umfassende Cochrane-Metaanalyse mit über 2.500 Teilnehmern kam zu dem Schluss, dass Stretching vor oder nach dem Training den Muskelkater nur um durchschnittlich 1-4 Punkte auf einer 100-Punkte-Skala reduziert – ein statistisch signifikanter, aber praktisch sehr kleiner Effekt (Herbert et al., 2011). Eine aktuelle systematische Übersichtsarbeit bestätigt diese Befunde: Es gibt keine ausreichenden statistischen Belege dafür, dass Stretching nach dem Training die Regeneration besser fördert als passive Erholung (Afonso et al., 2021).

Ein vielversprechender Aspekt ist jedoch die Wirkung von Stretching auf das autonome Nervensystem. Studien zeigen, dass Stretching die parasympathische Aktivität erhöhen kann, gemessen durch Veränderungen der Herzratenvariabilität (Eda et al., 2020). Diese Aktivierung des “Ruhe-und-Verdauungs”-Systems kann zur Entspannung beitragen und den subjektiven Erholungszustand verbessern.

Die richtigen Stretching-Methoden für Ihre Regeneration

Nicht jede Dehntechnik eignet sich gleichermaßen für verschiedene Trainingsziele. Die Forschung unterscheidet hauptsächlich zwischen statischem, dynamischem und PNF-Stretching (propriozeptive neuromuskuläre Fazilitation).

Statisches Stretching ist die klassische “Halten-und-Dehnen”-Methode, bei der eine Position für eine bestimmte Zeit gehalten wird. Für die Verbesserung der Beweglichkeit ist statisches Stretching nachweislich effektiv. Die größte Veränderung der Beweglichkeit wird bei Haltezeiten von 15-30 Sekunden erreicht; die meisten Autoren empfehlen 10-30 Sekunden als optimal (Page, 2012). Zusätzliche Wiederholungen über 2-4 Sätze hinaus bringen keine weitere Verlängerung des Muskels.

Dynamisches Stretching beinhaltet kontrollierte Bewegungen durch den vollen Bewegungsumfang und ist besonders als Teil des Aufwärmens geeignet. Studien zeigen, dass dynamisches Stretching die Leistung bei Sprung- und Laufbewegungen verbessern kann, ohne die bei statischem Stretching vor dem Training beobachteten Krafteinbußen zu verursachen (Page, 2012).

PNF-Stretching kombiniert Muskelkontraktion und -entspannung mit Dehnung. Die Forschung zeigt, dass PNF-Techniken (sowohl Contract-Relax als auch Contract-Relax-Antagonist-Contract) effektiv zur Verbesserung und Aufrechterhaltung der Beweglichkeit sind (Hindle et al., 2012). Interessanterweise sind auch submaximale Kontraktionen von 20% oder 60% der maximalen willkürlichen Kontraktion ebenso wirksam wie 100%, was das Verletzungsrisiko reduzieren kann.

Faszien-Stretching mit Foam Rollern (Self-Myofascial Release) hat in den letzten Jahren an Popularität gewonnen. Studien zeigen, dass Foam Rolling die Beweglichkeit verbessern kann und möglicherweise die Erholung nach dem Training unterstützt. Die Laktatclearance scheint nach Foam Rolling beschleunigt zu sein, und die subjektiv empfundenen Muskelbeschwerden können reduziert werden (Michalak et al., 2024).

Der optimale Zeitpunkt für regeneratives Stretching

Der Zeitpunkt des Stretchings ist ein wichtiger Faktor für dessen Effekte. Die Forschung zeigt deutliche Unterschiede zwischen Stretching vor und nach dem Training.

Vor dem Training: Statisches Stretching unmittelbar vor intensiven Belastungen kann die Muskelkraft und Leistung kurzfristig beeinträchtigen – ein Phänomen, das als “stretch-induced strength loss” bezeichnet wird. Dieser negative Effekt wurde insbesondere bei Haltezeiten über 60 Sekunden pro Muskelgruppe beobachtet (Chaabene et al., 2019). Kurze statische Dehnungen (≤60 Sekunden) scheinen hingegen nur triviale negative Effekte zu haben.

Nach dem Training: Statisches Stretching nach dem Training ist die traditionell empfohlene Methode zur Unterstützung der Regeneration. Die American College of Sports Medicine empfiehlt statisches Stretching nach einem aktiven Aufwärmen, mindestens 2-3 Mal pro Woche (Page, 2012). Allerdings zeigt die aktuelle Evidenz, dass die direkten Effekte auf Muskelkater und Kraftwiederherstellung begrenzt sind (Afonso et al., 2021).

An trainingsfreien Tagen: Regelmäßiges Stretching, auch unabhängig vom Training, kann langfristig die Flexibilität verbessern und die parasympathische Aktivität erhöhen. Studien zeigen, dass bereits 15 Minuten tägliches Stretching über 28 Tage die Herzratenvariabilität verbessern kann – ein Marker für Erholung und Stressresistenz (Science for Sport, 2025).

Praktische Stretching-Routine für die aktive Regeneration

Eine evidenzbasierte Stretching-Routine für die Regeneration sollte die großen Muskelgruppen ansprechen und wissenschaftlich fundierte Parameter berücksichtigen. Basierend auf der Forschung empfehlen wir folgende Richtlinien:

Haltedauer: Jede Dehnposition für 15-30 Sekunden halten – dies ist der optimale Zeitraum für Flexibilitätsgewinne (Page, 2012).

Wiederholungen: 2-4 Wiederholungen pro Muskelgruppe sind ausreichend; zusätzliche Wiederholungen bringen keine weitere Muskelverlängerung.

Intensität: Dehnen bis zu einem Gefühl der leichten Spannung, nicht bis zum Schmerz. Die Forschung zeigt, dass die Verbesserung der Beweglichkeit oft eher auf eine erhöhte Dehnungstoleranz als auf tatsächliche Muskelverlängerung zurückzuführen ist (Page, 2012).

Atmung: Gleichmäßig und tief atmen während der Dehnung, um die parasympathische Aktivierung zu unterstützen.

Beispielübungen: Beginnen Sie mit der Wadenmuskulatur im Ausfallschritt, wobei die hintere Ferse am Boden bleibt. Für die Oberschenkelrückseite eignet sich das Sitzen mit gestrecktem Bein und Vorbeuge. Der Hüftbeuger wird im tiefen Ausfallschritt mit abgelegtem hinterem Knie gedehnt. Die Brustmuskulatur können Sie im Türrahmen dehnen, indem Sie die Unterarme an den Rahmen lehnen und sanft nach vorne lehnen.

Unterstützung durch Nahrungsergänzung

Die Wirkung von Stretching für Regeneration kann durch gezielte Mikronährstoffe optimiert werden. Magnesium unterstützt die Muskelentspannung, während Vitamin C die Kollagenbildung fördert und damit die Regeneration des Bindegewebes beschleunigt.

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Fazit

Stretching für Regeneration ist eine weit verbreitete Praxis, deren Effekte wissenschaftlich differenziert betrachtet werden sollten. Die aktuelle Forschungslage zeigt: Stretching ist nachweislich effektiv zur Verbesserung der Flexibilität und Beweglichkeit. Die Effekte auf Muskelkater sind hingegen gering – laut Metaanalysen nur 1-4 Punkte auf einer 100-Punkte-Skala (Herbert et al., 2011). Systematische Reviews finden keine ausreichenden Belege dafür, dass Stretching nach dem Training die Regeneration besser fördert als passive Erholung (Afonso et al., 2021).

Dennoch kann Stretching wertvolle Vorteile bieten: Es verbessert die Beweglichkeit, kann die parasympathische Aktivität erhöhen und zum subjektiven Wohlbefinden beitragen. Als Teil einer ganzheitlichen Regenerationsstrategie – kombiniert mit ausreichend Schlaf, guter Ernährung und angemessener Trainingssteuerung – kann regelmäßiges Stretching einen sinnvollen Beitrag zur Erholung leisten.

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Häufig gestellte Fragen

1. Wie lange sollte ich jede Dehnung für optimale Regeneration halten?

Die Forschung zeigt, dass die größte Veränderung der Beweglichkeit bei Haltezeiten von 15-30 Sekunden erreicht wird (Page, 2012). Längere Haltezeiten von 60 Sekunden können bei älteren Erwachsenen vorteilhafter sein. Mehr als 2-4 Wiederholungen pro Muskelgruppe bringen keine zusätzlichen Flexibilitätsgewinne.

2. Kann Stretching Muskelkater vollständig verhindern?

Nein, die wissenschaftliche Evidenz zeigt, dass Stretching Muskelkater nicht vollständig verhindern kann. Eine große Cochrane-Metaanalyse fand nur eine Reduktion von durchschnittlich 1-4 Punkten auf einer 100-Punkte-Skala – ein statistisch signifikanter, aber praktisch sehr kleiner Effekt (Herbert et al., 2011).

3. Sollte ich auch an trainingsfreien Tagen stretchen?

Ja, regelmäßiges Stretching auch an trainingsfreien Tagen kann die Flexibilität langfristig verbessern und die parasympathische Aktivität erhöhen. Studien zeigen, dass 15 Minuten tägliches Stretching über mehrere Wochen die Herzratenvariabilität verbessern kann (Science for Sport, 2025; Eda et al., 2020).

4. Ist Dehnen bei akutem Muskelkater sinnvoll?

Bei starkem Muskelkater sollte nur sanftes, nicht schmerzhaftes Dehnen durchgeführt werden. Da Muskelkater durch mikroskopische Muskelfaserverletzungen entsteht, können intensive Dehnungen die bereits geschädigten Fasern zusätzlich reizen. Leichte Bewegungen und sanftes Stretching können jedoch das subjektive Wohlbefinden verbessern.

5. Welche Fehler sollte ich beim regenerativen Stretching vermeiden?

Vermeiden Sie statisches Stretching mit langen Haltezeiten (>60 Sekunden pro Muskelgruppe) unmittelbar vor intensivem Training, da dies die Muskelkraft vorübergehend reduzieren kann (Chaabene et al., 2019). Dehnen Sie nie bis zum Schmerzpunkt und achten Sie auf eine gleichmäßige, tiefe Atmung. Bei Verletzungen oder akuten Entzündungen sollten Sie das betroffene Gebiet nicht dehnen.

Quellenverzeichnis

Afonso, J., Clemente, F. M., Nakamura, F. Y., Morouço, P., Sarmento, H., Inman, R. A., & Ramirez-Campillo, R. (2021). The effectiveness of post-exercise stretching in short-term and delayed recovery of strength, range of motion and delayed onset muscle soreness: A systematic review and meta-analysis of randomized controlled trials. Frontiers in Physiology, 12, 677581. https://doi.org/10.3389/fphys.2021.677581

Chaabene, H., Behm, D. G., Negra, Y., & Granacher, U. (2019). Acute effects of static stretching on muscle strength and power: An attempt to clarify previous caveats. Frontiers in Physiology, 10, 1468. https://doi.org/10.3389/fphys.2019.01468

Eda, N., Ito, H., & Akama, T. (2020). Beneficial effects of yoga stretching on salivary stress hormones and parasympathetic nerve activity. Journal of Sports Science and Medicine, 19(4), 695-701. https://www.jssm.org/jssm-19-695.xml

Herbert, R. D., de Noronha, M., & Kamper, S. J. (2011). Stretching to prevent or reduce muscle soreness after exercise. Cochrane Database of Systematic Reviews, 7, CD004577. https://doi.org/10.1002/14651858.CD004577.pub3

Hindle, K. B., Whitcomb, T. J., Briggs, W. O., & Hong, J. (2012). Proprioceptive neuromuscular facilitation (PNF): Its mechanisms and effects on range of motion and muscular function. Journal of Human Kinetics, 31, 105-113. https://doi.org/10.2478/v10078-012-0011-y

Hotta, K., Behnke, B. J., Arjmandi, B., Ghosh, P., Chen, B., Brooks, R., Maraj, J. J., Elam, M. L., Maher, P., Kuber, D. R., Hultquist, D. E., Muller-Delp, J. M., & Delp, M. D. (2018). Daily muscle stretching enhances blood flow, endothelial function, capillarity, vascular volume and connectivity in aged skeletal muscle. The Journal of Physiology, 596(10), 1903-1917. https://doi.org/10.1113/JP275459

Michalak, B., Smoter, M., Urbanik, C., & Starzynski, M. (2024). Recovery effect of self-myofascial release treatment using different types of foam rollers. Scientific Reports, 14, 15626. https://doi.org/10.1038/s41598-024-66577-x

Page, P. (2012). Current concepts in muscle stretching for exercise and rehabilitation. International Journal of Sports Physical Therapy, 7(1), 109-119. PMID: 22319684

Science for Sport. (2025, April 22). Post-exercise stretching. https://www.scienceforsport.com/post-exercise-stretching/